Verständnis

#QueereCommunityRockt

Warnung: Dies ist ein Text, der zum Nachdenken und Diskutieren anregen soll.

Ich starre auf meinen Bildschirm, Discord blinkt auf, bevor es verschwindet. Ich bin überrascht, meine Augen geweitet. Heute habe ich doch tatsächlich etwas Neues gelernt und etwas verstanden.

 

Tag für Tag habe ich mich gefragt, wie andere Menschen so Transphob und auch Homophob sein können. So vieles hat mich immer aggressiv gemacht. Wütend. Wie konnte man so ignorant sein und Transgender mit den Geschlechtsmerkmalen gendern? Heute aber habe ich erfahren, dass es nicht immer nur aus Bösartigkeit passiert. Sondern oft aus Angst. Die Angst davor, dass man den Menschen um sich herum nicht trauen kann. Die Angst, dass das Gegenüber einen gerade manipulieren und verarschen möchte und auch die Angst vor Vertrauen.

 

Ich sprach mit einem meiner besten Freunde. Ich auf der Queere-Community-Seite, er auf der „akzeptiere ich nicht“ Seite. Wir sind gut befreundet, aus diesem Grund konnten wir offen miteinander reden, ohne, dass sich jemand auf den Schlips getreten fühlte. Es begann mit „ein Mann hat Frauen belästigt“ zu „Meine Nachbarin möchte als Mann gegendert werden, sieht aber nicht so aus“. Ich versuchte ihm zu erklären, dass es ein Zeichen von Respekt ist, Menschen als das zu bezeichnen, was sie sind und nicht was biologisch und visuell heraussticht. Er hingegen versuchte mir zu vermitteln, wieso Männer nicht in Frauenumkleiden gehören. Ich erklärte ihm, es gebe einzelne umkleiden und dass man sich, wenn man sich an anderen Menschen störe, auch da umziehen könne. Dass es diskriminierend und verletzend sei, wenn eine Transfrau ausgegrenzt wird, nur weil sie noch biologische, männliche Merkmale hat. Dass es lächerlich sei, sich von einer Transfrau automatisch sexuell belästigt zu fühlen, wenn sie in der gleichen Umkleide ist, weil es ja auch selben gibt und man deswegen ja auch nicht direkt austickt. Oft wird es ja vor dem Outing nicht mal bemerkt.

 

Es ging hin und her. Plötzlich sagte er: „Aber wie soll ich denn jemand fremden glauben, er sei eine Frau, nur weil er es sagt.“ Ich weiss nicht, was dazu führte, aber plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Möchtest du damit sagen, dass es für dich schwer ist, weil es viele Menschen gibt, die sich Sachen und Identitäten aneignen, die sie nicht haben, um sich ungerechte Vorteile zu erspielen.“ Er bejahte.

Für mich eine absolute Offenbarung. Es ging ihm nicht darum, die Menschen zu verachten oder niederzumachen, weil sie Trans waren. Es ging um das Vertrauen in andere Menschen, das in den letzten Jahren so sehr litt. Wenn er der Person glauben und vertrauen konnte, würde er sie richtig gendern, aber so befürchtete er, ausgenutzt und manipuliert zu werden, weil es Menschen gab, denen soetwas gefiel. Ich fühlte tiefes Verständnis und Traurigkeit. Was ist das für eine Gesellschaft, wo man nicht sein kann, wer man wirklich ist, weil kein Vertrauen da ist? Was für eine Gesellschaft, wo andere Menschen sich andere Identitäten aneignen, um davon zu profitieren und es damit den Menschen schwerer zu machen, die wirklich betroffen sind?